… Vladislav Petrov. Vladi ist 17 und kommt eigentlich aus Samarkand. Seit 7 Jahren wohnt er in Deutschland. Zur Zeit besucht er die 10 Klasse des Gymnasiums in Landsberg. Vladi hat mit seiner späten Einreichung tatsächlich den Preis abgeräumt. Die Jury hatte allerdings auch nicht viel Auswahl bei der Vergabe des Preises. Nichtsdestotrotz hat Vladis Gedicht und seine Präsentation die Jury überzeugt. Aus der Urteilsbegründung für das Gedicht von Vladi:

„Beim ersten Hören kommt es so leicht und eingängig daher, dass man ihm keine schwerwiegenden Themen zutraut: zu eingängig sind Rhythmus und Reim, besonders auch durch die durchweg gleiche Struktur der Strophen. Erst das genauere Hören enthüllt den feinen aber bedeutenden Unterschied im ersten Teil der Strophen: die Menschen sind gleich, alles ist gut, die Menschen sind sorglos und  glücklich. Jedes der kleinen Adjektive hat eine positive Bedeutung, die Wiederholung: Stellen Sie sich eine Zukunft vor, in der die Menschen … sind wie nie zuvor – sie lullt den Hörer regelrecht ein, vermittelt ihm wirklich, es handle sich um eine erstrebenswerte Zukunft. Erst der zweite Teil der Strophe enthüllt dann den Preis, den all dieses Schöne und Gute kostet. Und dieser ernste, tiefgängige zweite Teil stimmt nicht nur nachdenklich. Wirkt in der letzten Strophe die Feuerwehr schon im ersten Strophenteil befremdlich, rüttelt dann der zweite Teil, in dem Bücher und Wissen verbrannt werden endgültig auf. Und es sind nicht irgendwelche Unwissenden, die Bücher verbrennen – es ist ein soziales Organ der Gemeinschaft, das diese Verbrennung durchführt und überwacht. Indem die Feuerwehr genau das Gegenteil von dem tut, was ihre eigentliche Aufgabe ist, wird der Hörer aus dem einschläfernden Rhythmus gerissen und sieht ein, dass all die angenehmen Dinge, welche er – und das erkennt der Hörer natürlich – heute schon genießt, einen unbezahlbar hohen Preis haben. Und wenn der Hörer das erkannt hat, ist es für ihn kein langer Weg mehr, sich auf ein tieferes Nachdenken über seinen Wohlstand einzulassen und darauf, was ihm dadurch ganz sicher verloren geht. Wenn ein Gedicht es schafft, zu solchen Ideen den Anstoß zu geben, hat es unendlich viel erreicht. Besonders einprägsam wirkt auch der Akzent des Sprechers, dessen Aussprache sofort die Aufmerksamkeit weckt. Kleine sprachliche Unsicherheiten (letzte Strophe „löscht wie bevor“) verzeiht man ihm gern. Auch wenn eine Steigerung in den bedeutungstragenden Adjektiven des ersten Teiles das Gedicht möglicherweise noch besser gestaltet erscheinen lassen würde, ist das Gedicht durchdacht und erzielt eine genau berechnete Wirkung. Auffällig ist auch der Bruch zur letzten Strophe, in welcher eben kein Adjektiv sondern besagte Feuerwehr auftaucht. Dennoch lässt sich dieser etwas rohe Bruch durch den Inhalt erklären. Er hat eine Funktion und ist vielleicht extra gewollt.“

Nach der Preisverleihung haben wir Vladi noch ein paar Fragen gestellt. Hört selbst:

Damit geht unser kleiner Dichter-Wettstreit nun zu Ende. Im neuen Jahr gibt es sicher wieder einen neuen Wettbewerb für Radiopoeten. Dann mit mehr Vorlaufzeit und noch mehr Hilfen zum Einsprechen. Und hoffentlich auch mit mehr Einsendungen von Euch.

Zum Abschluss noch eine kleine Lebensweisheit aus dem Wörterbuch der Lebenskunst von Janosch. Unter D wie Dichter steht dort:

Die meisten Dichter müssen verhungern. Weil Dichtung braucht keiner. Bei Dichtungen ist das anders. Dichtungen müssen schon mal erneuert werden, wogegen gute Dichtung ewig hält.

In diesem Sinne, bis zum nächsten Wettbewerb in diesem Radio.